Elektronische SGB II-Akte erleichtert Zusammenarbeit im Sozialwesen. Das kommunale Jobcenter Pro Arbeit - Kreis Offenbach - AöR setzt seit August 2014 eine DMS- und Aktenlösung von LORENZ Orga-Systeme ein. Rund 350 Beschäftige arbeiten mit der Software 2Charta® Sozial, die unter anderem in das Sozialverfahren Comp.ASS integriert ist.
Seit Januar 2005 ist der Kreis Offenbach als Optionskommune in alleiniger Trägerschaft für die Grundsicherung des SGB II verantwortlich. Dafür zuständig ist die Pro Arbeit - Kreis Offenbach - AöR als zugelassener kommunaler Träger. Aktenbestand und Arbeitsabläufe mit Aktenrelevanz – im Bereich des Sozialwesens ist dies ein komplexes Thema, das sich kaum mit anderen kommunalen Abteilungen vergleichen lässt. Denn Akten betreffen dort immer die Bedarfsgemeinschaft als heterogene Gruppe mit zum Teil stark sozialer Instabilität. Hinsichtlich Darstellung, Struktur und Flexibilität stellt dies hohe Ansprüche an eine SGB II-Akte.
Diese wird zudem stets von mindestens zwei Stellen parallel bearbeitet: dem Grundsicherer (früher: Leistungssachbearbeiter) und dem Jobcoach (Fallmanager). Weitere Abteilungen, die einen Zugriff auf die Akte benötigen, sind etwa die Widerspruchs- und Unterhaltsabteilung und der Fachdienst Recht. So ist es auch bei der Pro Arbeit. 364 Beschäftigte zählt das Jobcenter; die für die monetären Leistungen Zuständigen (Grundsicherung) arbeiten derzeit noch mit Prosoz/S als Fachverfahren, die Jobcoaches mit Comp.ASS. Getrennt von der Vorgangsbearbeitung beider Fachverfahren verlief bis zum Sommer 2014 größtenteils die Dokumentenverwaltung.
Während für den Jobcoach im Wesentlichen der einzelne Kunde relevant ist, betrachtet der Grundsicherer als Verant-wortlicher für monetäre Leistungen die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Bei ihm befand sich früher folglich stets die aktuelle Gesamt-Akte – wenn der Jobcoach sie benötigte, musste er zunächst beim Grundsicherer anklopfen, wurde gegebenenfalls weitergeschickt zum Widerspruch usw. „Sich auf die Schnelle über Sachverhalte in der Akte informieren, war also oft ein langer umständlicher Weg“, erinnert sich Pro Arbeit-Vorstand Boris Alexander Berner, „es gab tägliche E-Mails mit dem Betreff `Ich suche
Akte xy`“. Erschwert wurde dies in Dietzenbach noch dadurch, dass die Abteilungen für einige Altersgruppen aufgrund mangelnder Raumkapazität vor kurzem an einen anderen Standort versetzt wurden. So waren wegen einer Akte teils kilometerlange Fahrten notwendig.
Mit Einführung der elektronischen SGB II-Akte von LORENZ hat dieses Prozedere ein Ende; das Zusammenspiel der verschiedenen Fachbereiche im Sozialwesen hat sich dadurch nicht unerheblich verbessert. Für die Beschäftigten der Pro Arbeit gehört die aufwändige Aktensuche zur Vergangenheit. Alle Unterlagen stehen an zentraler Stelle für alle involvierten Bereiche zum Einblick bereit. DMS-Lösungen sind im Kreishaus Dietzenbach bereits seit vielen Jahren für rund 1.100 Anwender in verschiedenen Abteilungen im Einsatz, eingebettet in das jeweilige Fachverfahren. So lag es nahe, auch im Sozialwesen auf eine zukunftsorientierte Lösung zu setzen, zumal mit 2Charta® Sozial seit einiger Zeit eine Aktenlösung speziell für SGB II-Fälle existiert, integriert in das Sozialverfahren Comp.ASS. Anfang August 2014 ging das System in den produktiven Betrieb. „Die oft langjährigen Mitarbeiter der Pro Arbeit waren bis dato nur an den Umgang mit Papierakten gewöhnt und hatten zunächst Bedenken, mit der Umstellung auf die elektronische Akte nicht gut zurechtzukommen“, berichtet die Projektleitung Bianca Lührmann, „doch mit der guten Unterstützung durch LORENZ bei der Einführung wurden diese Bedenken zerstreut.“
Von den über 43.000 (teilweise mehrbändigen) Papierakten lagert ein Großteil in externen Archivräumen, die sich über zwei Stockwerke auf 500 Quadratmeter erstrecken. Dies hat sich auch mit Einführung der elektronischen Akte nicht geändert, es wäre schlicht zu teuer gewesen, alle Altakten einzuscannen und vorher aufwändig aufzubereiten. So entsteht eine digitale Akte in 2Charta® Sozial nun mit jedem Neu- bzw. Folgeantrag. Aus der bisherigen Papierakte werden nur alle dafür benötigten Unterlagen
nachgescannt – Geburtsurkunden, Mietverträge, Gehaltsabrechnungen etc. – und der elektronischen Akte zugeordnet. Im Bereich Jobcoaching mit seinem geringeren Aktenvolumen hingegen werden alle aktiven Fälle nachgescannt. So wird das Papierarchiv langsam ausgedünnt, denn die aktuellen Fälle sind jetzt in der digitalen Akte zusammengefasst, Alt-Unterlagen müssen nur noch gemäß der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist vorgehalten und können nach und nach entsorgt werden.
Im Zuge der Einführung von 2Charta® Sozial wurden auch verschiedene Dokumente aus bestehenden Systemen in die neue Akte migriert, darunter solche aus dem bisherigen sogenannten Partnerverzeichnis von comp.ASS, in dem bislang bspw. Stellenbewerbungen, Lebensläufe und andere für den Bereich Jobcoaching relevante Informationen abgelegt waren - 648.000 Dokumente waren dies insgesamt; das Partnerverzeichnis konnte anschließend abgeschaltet werden. Daneben werden seit der Einführung die Daten aus der JobNetzwerk-Software ebenfalls in die digitale Akte übertragen. Diese wird in der Aktivierungswerkstatt eingesetzt, einer Maßnahme zur schnellen Wiedereingliederung von Neukunden in den Arbeitsmarkt. JobNetzwerk eruiert über Nacht bundesweit alle Stellen der Arbeitsagentur,
von einschlägigen Internetportalen sowie Unternehmen und gleicht sie mit dem in JobNetzwerk hinterlegten Profilen ab. Durch die Integration dieser Informationen in die SGB II-Akte kann nun der Jobcoach von zentraler Stelle darauf zugreifen. Mit der elektronischen Aktenlösung stehen somit allen beteiligten Mitarbeiter/innen die Informationen der Fallakte digital zur Verfügung. Der Sachbearbeiter im kommunalen Jobcenter pflegt die Stammdaten des Leistungsempfängers wie bisher in Comp.ASS. Er kann jederzeit auf Knopfdruck eine neue Akte in 2Charta® Sozial anlegen, ebenso wird automatisiert eine Akte angelegt, sobald aus dem Fachverfahren ein Dokument, etwa ein Bescheid, erzeugt wird. Durch die integrierte Volltextsuche können nun alle Dokumente, egal ob selbst erzeugt oder gescannt, nach Inhalten recherchiert werden, dies spart nochmals Zeit.
„Wir verfügen im Kreisamt schon über langjährige Erfahrungen mit elektronischen Aktenlösungen, aber mit der SGB II-Akte haben wir trotzdem Neuland betreten“, sagt Boris Alexander Berner. Denn die anderen Facheinheiten im Kreis sind eher klein und die Fälle dort in sich abgeschlossen, etwa im Kraftfahrzeugamt bei der Anmeldung eines Fahrzeuges. Auch das Postvolumen lässt sich nicht miteinander vergleichen. Ein SGB II-Antrag beginnt schon mit einem 16seitigen Antragsformular inklusive einer Vielzahl einzureichender Unterlagen. Im Lauf der Zeit kommen immer wieder neue Unterlagen und Schriftstücke hinzu.
Die Sachbearbeiter müssen dabei permanent auf Vergangenes in der Akte zugreifen, der Fall als solches ist nie abgeschlossen. Für diese Betrachtungsweise, bei der mehrere Abteilungen ständig hunderte von Seiten in der Akte durchforsten müssen, ist die elektronische Lösung von LORENZ für die Pro Arbeit - Kreis Offenbach - AöR ein ideales Hilfsmittel, um in dem komplizierten Dauerverwaltungsakt des Sozialwesens schnellen Überblick zu erlangen und die Kunden damit letztlich besser und bürgerfreundlicher bedienen zu können.